KW 26 / Ein Freitag im Sommer


Es ist Sommer. Ein kalter Wind pfeift durch die Gassen von Aarhus und lässt Erinnerungen an das zurückliegende SPOT-Festival im April aufkommen. Nachdem ich im letzten Jahr, laut Aussage einer Freundin, die besten Band allesamt verpasst hatte, wollte ich es in diesem SPOT-Jahr besser machen. Dazu stand ich zeitig auf, und fand mich, zusammen mit einem Kulturklubbengründungsmitglied, schon um drei Uhr nachmittags im Musikhuset wieder, genauer gesagt im Symfonisk Sal.

Hier sollte das Projekt Beinta stattfinden, ein Zusammenspiel des Aarhuser Symphonieorchesters mit der färingischen Künsterin Anna Katrin Øssursdóttir Egilstrøð. Als Anna Katrin die Bühne betrat, setzte eine seltsame, geradezu gespenstische Stille ein. Das lag bei mir vor allem daran, dass Anna wie ein Ebenbild meiner Exfreundin aussah. Der Gedanke schoss mir durch den Kopf, den Rest des Publikums könnten ähnliche Erinnerungen plagen.

Anna Katrin ist (oder war) in skandinavischen Gefilden vor allem als Sängerin der Band Valravn bekannt. Valravn ist ein Begriff aus der dänischen Mythologie, der so viel wie „Rabe der Toten” bedeutet, dessen Flügelschatten auch im Beinta-Projekt unverkennbar ist. Die Band Valravn löste sich leider im Jahr 2013 auf.

Ganz in dieser undurchdringlichen, Björk-artigen Tradition bewegte sich auch die Performance im Symfonisk Sal. Anna Katrin sang zu surrealen, manchmal dissonanten Klängen des Orchesters, dazu im Hintergrund eine Videoprojektion des färöischen Filmduos Rammatik, Rammatik.com die eine düstere, schneebedeckte färöische Klippenlandschaft zeigte, bei deren Anblick der Zuschauer die unmittelbare Nähe des Abhangs (und das unvermeidliche Schwindelgefühl) zu spüren bekam.

Hier ein kleiner Ausschnitt:

Das Projekt Beinta ist nach einer färingischen Berühmtheit benannt, der femme fatale Beinta Kristina Broberg, die vor etwa 300 Jahren lebte. Um ihre lange Geschichte kurz zu machen: Beinta war mit drei Pfarrern verheiratet, die entweder aus mysteriösen Gründen frühzeitig starben oder geisteskrank wurden. Zur Vorbereitung dieses Projekts lebte Anna Katrin für einige Monate in dem alten legendären Pfarrhaus, wo Beintas Geist noch wirken soll. Mir schien, als ob dieser unbezähmbare, naturgewaltige färingische Geist Anna Katrins Performance an diesem Samstagnachmittag in Aarhus durchwehte. Am Ende des sehr eindringlichen Konzerts wusste ich zumindest wieder, warum es mit meiner Exfreundin seinerzeit kein Happy End gab.

Anna Katrins neues Projekt heißt übrigens AKAT (oder aKat):

Holger