KW 8 / Junction 48
Es gibt so vieles, was ich machen möchte: zum Beispiel ein soziales Netzwerk gründen oder Berlin-Reinickendorf gentrifizieren. Am liebsten aber einen Kinofilm produzieren. Nur bloß nicht über den Nahostkonflikt (diesen Singular, der Plural meint). Das ist ein Thema, mit dem man sich ziemlich sicher in die Nesseln setzt.
Udi Aloni scheut dieses Risiko nicht – und wird prompt mit dem Panorama Publikumspreis der diesjährigen Berlinale belohnt.
Sein Film Junction 48 erzählt die Geschichte des palästinensischen Rappers Kareem. Kareem lebt in Lod, einer Kleinstadt am Rollfeld des Tel Aviver Flughafens. Kiffen und Rappen bestimmen sein Leben. Aber auch die täglich zu spürende Benachteiligung gegenüber der jüdischen Bevölkerung, die Willkür der Staatsmacht, der plötzliche Tod des Vaters, der zwangsweise Abriss des Hauses eines Freundes (zum Zweck der Errichtung eines – welch Hohn – Museums der Koexistenz) … und Kareem findet dennoch oder deswegen die Kraft, erfolgreich an seiner Rap-Karriere zu arbeiten.
Junction 48 ist ein Musikfilm.
Und der Clou ist nicht nur der Name eines Einkaufszentrum in Reinickendorf, sondern auch die Tatsache, dass Kareem von keinem Geringeren als dem 2Pac des Nahen Ostens verkörpert wird: Tamer Nafar, Mitglied der Rap-Formation DAM DamRap.com (arabisch: Ewigkeit; hebräisch: Blut; akronymisch: Da Arabian MCs).
Zurück zum Film. Seine Protagonisten gehören fast ausnahmslos zur arabischen Bevölkerung Lods und sind derart sympathisch, dass man ihnen, wären sie real, in meinem sozialen Netzwerk, wäre es real, sofort eine Freundschaftsanfrage schicken wollte. Die wenigen jüdischen Israelis in Junction 48 sind hingegen entweder gesichtslose Prügelpolizisten oder Karikaturen tumber, ultranationalistischer Gangsterrapper. Die Figurenauswahl ist dem Filmteam also ziemlich schwarz-weiß geraten. Aber wie eingangs erwähnt: ein Film, an dem es nichts zu kritisieren gibt, kann keiner über Israel sein.
Mein Fazit lautet: Hoffentlich kommt Junction 48 in unsere Programmkinos.