Stell dir vor, du gibst eine Gartenparty und der Cousin deines Mannes verpasst dem (unerträglichen) Sohn deiner besten Freundin eine Ohrfeige. Verständnis und Abscheu streiten sich: „Nur Monster schlagen Kinder!“ oder „So ein kleiner Klaps hat noch niemandem geschadet!“; hinter vorgehaltener Hand denkt meine Schadenfreude „Die Brut hat es verdient, endlich zeigt dem mal jemand seine Grenzen auf, wenn die Eltern das schon nicht tun …“.
The Slap (deutscher Titel Nur eine Ohrfeige) von Christos Tsiolkas erzählt die Geschichten der verschiedenen Gäste eines Barbecues und ihre Reaktion auf diese Ohrfeige. Der Gastgeber steht auf der Seite seines Cousins – wie man das in griechischen Familien eben so tut. Die Gastgeberin ist sowohl unter Müttern als auch besonders unter Freundinnnen solidarisch. Die betroffene Mutter reagiert mit verbissener Selbstgerechtigkeit. Der klapsende Cousin befürchtet, wegen dieser Lappalie sein Gesicht zu verlieren.
Dieser großartige Roman erzählt von mehr als nur den Engelchen und Teufelchen auf unserer Schulter. Es geht um unsere Konzepte von Familie und Freundschaft, und darum, dass Rassismus und Neid fester Bestandteil unserer Gesellschaft sind. Er führt uns vor, dass Partnerschaften für Außenstehende meist undurchdringbar bleiben und dass es immer die andere Seite der Medaille gibt.
The Slap hält allen Protagonisten den Spiegel vor, ohne zu werten und ist so spannend, dass ich das Buch nicht weglegen konnte.
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