KW 8 The White Album
The White Album klang irgendwie nach Unschuld und Urlaub, also eher Attribute, die der Kulturklubben-Stammredaktion suspekt vorkommen. Daher fand ich mich an diesem frühen SPOT-Maiabend plötzlich verlassen im Aarhuser Voxhall wieder, kein Kulturklubben-Redaktionsmitglied weit und breit in Sicht; dafür aber eine echte Aarhus-Kennerin an meiner Seite, die auch über Chorerfahrung verfügte, welche überraschenderweise dem Konzertgenuss zugutekommen sollte.
Die Band betrat die Bühne. Zuerst dachte ich, zu tief ins Aarhuser Top geschaut zu haben [Anm. d. Red.: Top ist die Biermarke in Aarhus], denn ich sah alles dreifach. Drei Herren mit drei unglaublich vollen Vollbärten, und dazu in drei halblangen Hosen, die die standfesten sechs Wikingerbeine gut zur Geltung brachten. Ich vergewisserte mich bei der Aarhus-Kennerin, dass hier noch alles mit rechten, d.h. halbwegs nüchternen Dingen zuging. Zugleich musste ich an Wickie denken, oder vielmehr an den grummeligen Halvar, Wickies Vater, dessen dreifache Reinkarnation gerade zum Gesang ansetzte. (Die nasereibende Wickie war übrigens die Heldin meiner Kindheit mit ihren blitzgescheiten Ideen und der dänisch-ungebremsten Lebensfreude).
Was dann folgte, war eine wohlig-warme Stille, die sich im Voxhall samtweich ausbreitete. Der optische Vollbart-Kontrast tat sein Übriges zur Verstärkung des Harmonieempfindens. Aber The White Album gingen noch ein Stück weiter und setzten der Harmonie die Krone auf, und zwar in Gestalt eines Chors, der plötzlich ganz in Weiß und engelsgleich am Bühnenrand erschien. Spätestens da war der Verzauberung nicht mehr Einhalt zu gebieten, welche durch weiteren Top-Bier-Konsum noch verstärkt wurde und die SPOT-FestivalbesucherInnen als eine vertraute, liebe Gemeinschaft voller Wickie-Abkömmlinge erscheinen ließ.