KW 19 / SPOT 2017


Beim Abholen des SPOT-Festival-Bändchens fragte ich lieber noch einmal nach: ob das denn wirklich das SPOT-Programm sei, das ich da in die Hände gedrückt bekam. Um es zu lesen, bedurfte es spezieller, angesichts der frühen Tageszeit noch nicht erworbener Eigenschaften wie tintenfischtentakellange Arme mit Nasenklemmfunktion. Zum einen wegen des Großformats (DIN A1) und zum anderen wegen des penetranten Geruchs des Plans. Immerhin hatte dieser Umstand auch etwas für sich: er eignete sich ausgezeichnet als Aufhänger für einen SPOT-Smalltalk.

Die gesamte Kulturklubbenredaktion blieb aus mir unverständlichen Gründen der diesjährigen Festivalausgabe fern; dabei war das Programm gespickt mit alten und neuen SPOT-Perlen. Außerdem entwickelte es sich zum heißesten SPOT aller Zeiten (zumindest der letzten Jahre): die Außentemperaturen bewegten sich im zweistelligen Bereich und schrammten sogar die 20-Grad-Marke!

Aber kommen wir nun endlich zur Musik. Den Auftakt (für mich am Samstag) machte Lydmor. Sie ist quasi eine Kulturklubbengründungsursache, also dem Kulturklubbeninteressierten wohl vertraut. Die Voxhall war bis zum Anschlag gefüllt und sah Lydmor in einem sehr speziellen Outfit, bestehend aus einer Astronautinnenhose und einem bunt-bemalten Oberkörper; die Farben sollten sich später als fluoreszierend herausstellen. Um es kurz zu machen: Meine in die Jahre gekommene, soll heißen abgeklungene Lydmor-Liebe wurde durch diese Show wieder neu entfacht, und das trotz technischer Probleme. Als sie I love you sang, litt ich tanzend mit ihr mit:

Apropos Probleme: Da gab es im Großen und Ganzen zwei. Problem 1: Wie schleuse ich das Dosenbier an den Türstehern vom Musikhuset vorbei? Leider habe ich es wieder einmal vergeblich versucht. Falls jemand Tipps hat, bitte in der Kulturklubbenredaktion oder direkt beim SPOT 2018 melden. Problem 2 war dann noch problematischer: Einige der Bands, die ich mir auf dem SPOT-Plan angekreuzt hatte, spielten nahezu zeitgleich. Die Entscheidungsfindung sollte den ganzen Abend eher chaotisch-spontan ablaufen. Zum Beispiel direkt nach Lydmor: Drew oder Kikos? Eigentlich wollte ich zu Kikos (ein Song findet sich in der sehr empfehlenswerten KW-17-Playlist KW 17 von Franziska), aber dann trafen wir auf dem Weg zu Kikos die Redaktion von Good because Danish, GbD-Redaktion und es fiel der Name Drew. Und schon fand ich mich bei Drew wieder, was sich zuerst einmal optisch auszahlen sollte: ihre Fransenjacke war eine Augenweide. Sie hatte zwar nur einen kurzen Auftritt, aber elektrisierend war er allemal:

Ein wenig geschmälert wurde meine Begeisterung durch tentakellange Berichte aus ihrem noch jungen Liebesleben (hier setzte ich ganz auf die beneidenswerten Simultanübersetzungskünste meiner dänischen Begleitung).

Danach sollte es eigentlich zu In Memoirs In Memoirs ins Musikhuset gehen, aber wir hatten das erwähnte Bierdosenproblem. Also ging es stattdessen ins entspannte Headquarters. Dort war es wie eh und je sehr hygellig, es spielte Kajsa Vala. Ein Blick ins Publikum ließ die Schlussfolgerung zu, dass es sich bei dieser Band um einen etablierten dänischen Klassiker im Bereich Folk handelt. Hier eine Kostprobe:

Schließlich haben wir doch noch den Weg ins Musikhuset gefunden. Zwischen den eher rustikal-archaischen Konzerten von Jonah Blacksmith und Kellermensch hatte ich das Glück, Siv Jakobsen aus Norwegen zuhören zu können. Sie spielte Songs aus ihrer sehr gelungenen Platte The Lingering. Das Arrangement mit vier Violinen und Klavier ließ für einen Augenblick den Festivaltrubel vergessen.

Das wäre ein schöner Festivalabschluss, dachte ich noch. Doch ich sah, wie mein Körper – sich tintenfischgleich durch die Besuchermassen räkelnd – bereits zum nächsten Konzert eilte. Aber diese Geschichte muss ein anderes Mal erzählt werden.

Holger